Ein Zwischenbericht des Vereins Nepal Schulprojekt e.V. zu den Entwicklungen rund um die Apfelplantage und die nachhaltige Entwicklung eines kleinen Dorfes im Solokhumbu
Dank der Hilfe vieler Spender und Förderer sind 2020/2021 die Auswirkungen der Corona-Pandemie für die Einrichtungen des Vereins und die in Nepal damit verbundenen Menschen, relativ glimpflich verlaufen.
Beim letzten Update, Ende letzten Jahres, durften wir über das Jahr 2022 als ein Jahr des „Wiederaufbruchs“ berichten. Dank der Hilfe der nepalesischen Freunde des Vereins, zwei Besuchen 2022 und einem im März 2023 von Astrid Vöhringer und anderer Mitglieder des Vereins vor Ort, konnten Projekte wiederaufgenommen werden. Neue wurden gestartet… u.a. auch die Rekultivierung und Erweiterung einer Obstplantage zur Versorgung der Kinder mit einem „gesunden Frühstück“ und der damit verbundene Anstoß zur nachhaltigen Entwicklung eines Dorfes im Solokhumbu…
aber wie gewohnt von Anfang an…
Über den Verein und die Historie seiner Arbeit in Nepal
Der Verein Nepal-Schulprojekt – Zukunft für Kinder – e.V. mit Sitz in Ebersbach/ Fils wurde im Jahr 2000 gegründet, um Kindern in Nepal – einem Land mit einer sehr hoher Analphabeten Quote - Bildung und damit die Aussicht auf eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Ziel des Vereins ist es, in einer sehr engen und auf Augenhöhe basierenden Zusammenarbeit mit lokalen Kommunen und Persönlichkeiten, eine Entwicklung in Nepal anzustoßen, die stets auf Hilfe zur Selbsthilfe beruht und der Nachhaltigkeit verpflichtet ist.
Der Verein hat zwei wichtige regionale Schwerpunkte in seiner Arbeit
Ein Schwerpunkt ist neben der Hauptstadtregion Kathmandu ist es seit 2006 die Region Humla im Nordwesten Nepals an der Grenze zu Tibet/China. Das seit vielen Jahren geförderte Projekt „Yalbang/Kermi“ umfasst eine Schule für 400 Schüler, ein Hostel, sowie ein „Geburtshaus“ in Kermi, das als Gesundheitsposten die ärztliche Nahversorgung gewährleistet. Die Unterstützung von Müttern bei der Geburtshilfe ist ein wichtiger Tätigkeitsschwerpunkt dort und hilft bei der Verringerung der Kinder- und Müttersterblichkeit. Bis Mai 2023 sind nach anfänglichen Akzeptanzproblemen über 15 Kinder gesund zur Welt gebracht worden. Hier wurde 2022 ein Kindergarten in Betrieb genommen. Die staatliche Bildungsarbeit beginnt in Nepal erst mit der Einschulung und wird vom Verein durch die Einrichtung der Kindergärten ergänzt. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigten, dass mit Bildung nicht früh genug begonnen werden kann…. was Hänschen nicht lernt, lernt auch der kleine Hans nicht mehr…
Das Engagement des „Landrats“ Kumar Lama und die durch eine verbesserte Bildung angestoßenen Veränderungen in der Kultur der Region haben das Projekt „Humla“ zu einem selbst tragenden Prozess werden lassen. Regelmäßige Projektsitzungen der Beteiligten vor Ort und mit den Verantwortlichen in Ebersbach sichern die Qualität und sorgen für eine notwendige gezielte Hilfe.
Obst für alle Kinder in den Kindergärten und Schulen
Seit einigen Jahren bekommen die Kinder in den Schulen und die durch den Verein finanzierten Kindergärten, die der Verein finanziert, regelmäßig ein gesundes Frühstück mit Obst, insbesondere Äpfeln, zu essen. Das gesunde Frühstück trägt dazu bei, dass sich Kinder besser entwickeln und widerstandsfähiger werden und weil es Abwechslung in die „normale“ Ernährung einer nepalesischen Familie bringt. Diese ist sehr einseitig auf Reis und Linsen (Yalbang) ausgerichtet. Diese „Tradition“, die 2019 durch den Verein initiiert wurde, ist für Teile des staatlichen Schulsystems in Nepal zum Vorbild geworden und wird in immer mehr Schulen praktiziert. Allerdings zeigte sich im Lauf der Zeit, dass der Kauf von Äpfeln und anderem Obst, sowie eine flächendeckende Verteilung in allen Schulen und Kindergärten die finanziellen Ressourcen des Vereins sehr belastet. Einer guten Idee drohte der Garaus…. was tun? 2011 hat der Verein in der Nähe einer Schule bereits einen Hain mit 2000 Rudraksha-Bäumen von den Kindern einer Schule und der Dorfgemeinschaft pflanzen und bewirtschaften lassen und dabei Erfahrungen mit dieser nachhaltigen Tätigkeit gesammelt. Warum nicht die Obstverteilung und die guten Erfahrungen der Baumpflanzaktion miteinander verbinden und Obstbäume anpflanzen? Das waren die Fragen, die sich die Führung des Vereins Nepal Schulprojekt e.V. stellte und die Verantwortlichen vor Ort waren sofort begeistert.
Eine „Streuobstwiese“ für Nepal – Zukunft für Kinder und einen ganzen Ort – die Idee
Im Distrikt Solukhumbu liegen nicht nur die bekannten 8.000er Nepals. An einem Hang in 3.000 Meter Höhe und oberhalb vom Dorf Phaplu, das viele Touristen als zweiten Ausgangspunkt neben Lukla für das Trekking zum EverestBasecamp kennen, liegt die Heimatgemeinde von Lobsang Dolma, die als erfolgreiche Unternehmerin und nepalesische Partnerin von Astrid Vöhringer von unschätzbarem Wert für den Verein vor Ort ist. Dieser Ort Chelsa ist eines der „Tibetian Settlements“, welches nach der Flucht der Tibeter aus ihrer Heimat 1959 in Nepal entstanden ist. Angelegt als kleines Ökosystem mit Tempel, Kloster, Schule, Teppichfabrik und Einkaufsmöglichkeiten wurde der Ort für die Tibeter zur neuen Heimat. Leider leidet es unter Abwanderung der Jungen in die Stadt. Von ursprünglich 1.500 Menschen leben heute noch 250 dort.
Lobsang Dolma erinnerte sich, dass nahe beim Dorf damals auch Obstplantagen für die Eigenversorgung der Bewohner angelegt worden sind. Den ersten Besuch von Astrid Vöhringer, nach Corona im Oktober 2021, nutzten die beiden Freundinnen und fanden die alte Obstplantage. Allerdings waren die Bäume jahrelang unbeschnitten und das Gelände zugewachsen, so dass die eigentlichen Obstbäume nur mit Mühe erkennbar waren. Eine Zählung ergab 800 Bäume und als erste Maßnahme wurden 20 Bewohner aus dem Dorf zur Rodung des Unkrauts zwischen den Bäumen „angestellt“. Kurze Zeit später waren nicht nur die Bäume sichtbar, sondern auch erkennbar, dass es sich um Apfel-, Pfirsich- und Pflaumenbäume handelt.
Ein besonders zuverlässiger und kundiger Dorfbewohner wurde vom Verein als Verwalter angestellt. Er lebt heute zusammen mit seiner Familie und seinen Tieren auf der Plantage und koordiniert die Aufgaben vor Ort.
Zusammen mit ihm und den Mönchen des nahegelegenen Klosters wurden weitere Flächen in der Nähe als Erweiterung identifiziert. 500 weitere „höhentaugliche“ Bäume wurden in der weit entfernten Region Mustang gekauft und 2022 gepflanzt. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland besuchte Astrid Vöhringer, beim Vater eines ihrer ersten Volontäre Georg Mödinger, im Remstal einen Kurs zum richtigen Schnitt von Obstbäumen. Zur besseren Vermittlung in Nepal entstanden Kurzvideos.
Beim Besuch von Astrid Vöhringer im März 2022 waren die Rodungsarbeiten abgeschlossen und die Bäume konnten beschnitten und neue gepflanzt werden. Damit umfasste die „nepalesische Streuobstwiese“, wie sie von den Beteiligten liebevoll getauft wurde, 1.300 Bäume.
Mit Spannung wurde dann im Sommer das Wachstum der Früchte beobachtet. Nahezu wöchentlich wurden Bilder von Nepal nach Ebersbach geschickt und dann war es so weit: als erstes wurden Pfirsiche und Pflaumen und später auch die ersten Äpfel auf die 12-stündige Autoreise von Chelsa nach Kathmandu zur Weiterverarbeitung geschickt. Übrigens, 50% der Ernte bleiben nach einer Vereinbarung mit den Dorfbewohnern vor Ort und werden dort verwendet.
Allerdings zeigte sich auch schnell, dass 20 Jahre der Nichtbewirtschaftung keine „Traumfrüchte“ hervorbringen. Für den Genuss waren die Früchte zu klein, zu sauer und wenig genießbar. Die Kreativität des Vereins wurde auch mit dieser Herausforderung fertig: mit den Pflaumen wurde im Experiment ein „Schnaps“ erzeugt, der sich gut verkaufen ließ und aus den Äpfeln entstand nach einem schwäbischen Hausrezept das 1. in Nepal produzierte Apfelmuss, welches von den Kindern heute mit großem Genuss verzehrt wird. Allerdings reicht die Menge noch nicht aus, um den gesamten Bedarf zu decken, aber ein Anfang ist gemacht…
Welche professionelle Arbeit von den Vereinsverantwortlichen auch in der Anlage der Obstplantage geleistet wurde, belegt das Urteil von schwäbischen Garten- und Obstbauern – sehr gesunde Bäume, professionell geschnitten und die Umgebung der Bäume gut bearbeitet.
Wie geht es 2023 auf der Streuobstwiese weiter?
Durch das professionelle Kümmern des Verwalters werden die Bäume 2023 mehr Ertrag bringen und die neuen Bäume gut anwachsen, so dass diese dann ab 2025 auch Ertrag bringen können.
2023 sollen weitere 1.500 Bäume gepflanzt werden. Nachdem im Verein das Prinzip der laufenden Optimierung von Konzepten gilt, welches auch mit dem „wir sind nie mit dem erreichten zufrieden, wenn es bessere Ideen gibt“ umschrieben werden kann, wurden Anfang 2023 bereits folgende Verbesserungen umgesetzt:
- Ein Gespräch bei Jörg Geiger in Schlat, dem Erzeuger der weitbekannten Schaumweine auf Obstbasis (PriSecco u.a.) führte zu Empfehlungen, was unter den Obstbäumen angepflanzt werden kann, damit die Bäume schneller und besser wachsen – Gemüse wie Karotten u.a. sind ideale Begleiter… und bilden eine weitere Basis für eine „andere“ Ernährung, die den Kindern zugutekommen wird.
- Im Gespräch mit Jörg Geiger wurde auch über eine weitere Veredelung des Obstes gesprochen, damit neben Früchten und Apfelmuss 2023 auch weitere Produkte wie Saft und Obstwein entstehen können – die Maschinen dafür sind ausgesucht, Bestellung und Versand nach Nepal sind die nächsten Schritte.
- Da die Frachtkosten aus der Region Mustang zur Beschaffung von kleinen Apfelbäumen sehr hoch sind, machte sich Lobsang Dolma auf die Suche nach Alternativen und fand diese im Solokhumbu in der Nähe der Siedlung – 1.500 Bäume sind bestellt und werden geliefert.
- In der Suche nach Sponsoren für die Obstbäume wurde eine neue Idee geboren – die „Apfelbaum-Paten“ erwerben für € 25,-- einen Baum auf der „Streuobstwiese“ und bekommen ein Zertifikat als Besitzurkunde. Zusätzlich wird vor Ort am Baum der neue Besitzer gekennzeichnet. Bisher wurden diese „Apfelbaum-Patenschaften“ anlässlich von Konfirmationen, Kommunionen, Geburtstagen und sonstigen Anlässen verschenkt. Baum Nr. 1 erhielt Marie Pollety aus Holzheim als Geschenk zur Kommunion.
Was wird 2023 in Chelsa sonst noch passieren?
Bei den Bewohnern des Orts haben die Arbeiten an der Apfelplantage einen großen Eindruck hinterlassen. Die Apfelplantage gibt einem Teil Arbeit und verschafft ihnen Einkommen, welches dann wieder im kleinen Dorfladen für Einkäufe eingesetzt wird. Zusätzlich schaffen die 50% Apfelproduktion, die der Ort im Herbst bekommt, Fantasien für weitere Einkünfte. Diese werden vom Verein Nepal Schulprojekt e.V. ideell und mit Material unterstützt.
Damit weitere Menschen ein regelmäßiges Einkommen beziehen können, hat sich Lobsang Dolma entschieden, einen Teil ihrer Teppichproduktion von Kathmandu nach Chelsa zu verlegen und damit die alte Tradition der Herstellung von Teppichen wieder zu beleben. Dazu werden aktuell Webstühle repariert, neue von Kathmandu geliefert und die Frauen im Dorf geschult.
2023 werden die Anstrengungen fortgesetzt, dass die Dorfbewohner in der Plantage und in der Teppichfabrik ein festes Einkommen beziehen können, welches wieder als Konsum weitere Arbeitsplätze schafft und/oder sichert.
Teil einer Zukunft für den Ort ist auch die Schule. Diese muss dringend modernisiert und erweitert werden. Nur auf diesem Weg finden sich auch gute Lehrkräfte, die in der Schule unterrichten und den Kindern Zugang zu Bildung verschaffen. Aus diesem Grund wird zwischen Kloster und Dorf ein Haus umgebaut und mit einer Küche versehen. Diese versorgt dann nicht nur die Schüler mit einer täglichen warmen Mahlzeit, sondern kocht auch für die Mönche. Im September und damit nach der Regenzeit erwartet der Verein Nepal Schulprojekt e.V. den mehrwöchigen Besuch eines deutschen SchreinerEhepaars, das den Innenausbau als Teil ihres ehrenamtlichen Engagements für den Verein vornimmt. Vor der Regenzeit müssen alle Arbeiten im Außenbereich abgeschlossen sein – die Pläne sind erstellt und die Arbeit hat begonnen. Freunde und Sponsoren haben ihre Unterstützung zugesagt.
Eine weitere große Herausforderung ist die Koch- und Heizsituation in den Wohnhäusern im „Settlement“. Traditionell verfügen die Kochstellen, die auch als Heizung genutzt werden, über keinen Abzug nach außen.
Das bedeutet, dass in Nepal die Kohlen-Monoxid-Vergiftung eine häufige Todesursache ist und Krankheiten wie Bronchitis und Asthma weitverbreitet sind. Zusammen mit einem befreundeten Verein soll dieses Thema 2023/24 angegangen werden. Gespräche mit möglichen Förderern und Sponsoren beginnen im Sommer. Sie sehen, die Arbeit geht nicht aus – Ziel ist es weiterhin dem „Tibetian Settlement“ Chelsa beim Weg in eine nachhaltige Zukunft zu helfen. Vielleicht wird dort, wie bei anderen Projekten des Vereins, eine Entwicklung angestoßen die Vorbild für Nepal ist.
Wie in jedem Bericht danken wir allen Vereinsmitgliedern, Freunden und Förderern unseres Verein Nepal Schulprojekt e.V. für Ihre Verbundenheit und Ihre Zuwendungen. Bleiben Sie bitte auch 2023 dem Verein verbunden und unterstützen Sie uns im Rahmen Ihrer Möglichkeiten.
Weitere Informationen zum Verein finden Sie auf unserer Website: www.Nepal-Schulprojekt.info. Wenn Sie Fragen haben, beantwortet Ihnen diese gerne die erste Vorsitzende des Vereins, Astrid Vöhringer. Sollten Sie spenden oder ein Apfelbaum-Pate werden wollen… sehr gerne auf unser neues Konto bei der Kreissparkasse Göppingen IBAN DE63 6105 0000 0049 1201 47 BIC GOPSDE6GXXX
Ebersbach, den 6.6.2023
Astrid Vöhringer & Stephan Vomhoff