Reisebericht von drei Voluntären

Nepal ist das Land der extremen Kontraste. Ein Land mit Tiefebenen und Dschungel wo der majestätische Tiger lebt. Ein Land mit Bergen und ewigem Eis wo der zottelige Yeti lebt.

 

Vor eineinhalb Jahren haben wir in einer deutschen Ärztezeitung ein Inserat gelesen. Dort stand „Arzt für Besetzung eines Health Post in Nepal gesucht“. Das hat sofort unser Interesse geweckt und wie Ihr sicher bereits erratet habt, stammte dieses Inserat von Astrid und ihrem Nepal-Schulprojekt. Wir haben uns mit Astrid in Verbindung gesetzt und recht schnell war klar, dass ein Besuch in Nepal für beide Seiten eine gute Gelegenheit war im Rahmen des Projektes die Leute in Dadikot medizinisch für ein bis zwei Wochen zu betreuen.

Die restliche Reise-Vorbereitung gestalteten sich völlig komplikationslos und lange Rede kurzer Sinn: Im April sind Judith, Sascha und Amir dann endlich nach Kathmandu aufgebrochen um dort für die nächsten 2 Wochen den Health Post in Dadikot zu betreuen und Land und Leute kennen zu lernen.

Keiner von uns dreien wusste was ihn wirklich erwartete. Es war ein richtiges Abenteuer.

In Kathmandu endlich gelandet wartete Astrid am Flughafen bereits auf uns. Gemeinsam fuhren wir, mit fast vollständigen Gepäck (Saschas Koffer kam erst 2 Tage später an) nach Boudhanath in unser Hotel direkt bei der großen Stupa.

 

Nach ein paar Vorbereitungen wie Verbandsmaterialien aus Deutschland sortieren, Medikamente bestellen usw. fuhren wir zum ersten Mal mit Astrid, Uttam und Mr. Lama nach Dadikot. Nach 40 Minuten und einer sehr  holprigen Fahrt  erreichten wir den Health Post und wurden von den Dorfbewohnern sehr freundlich empfangen.

 

Als wir endlich mit der Arbeit begannen, spezialisierte sich jeder von uns auf sein Gebiet.

Sascha betreute die Menschen mit Blutdruckproblemen aber auch mit chronischen Gelenksbeschwerden und Rückenschmerzen, da die Menschen auf dem Land in Nepal oft extreme körperliche Arbeiten durchführen müssen. Dabei stellten wir mit erstaunen fest, dass die meisten der Leute ein Heft mit sich hatten, in dem die Krankheiten standen, welche Medikamente sie einnehmen, wann sie bei einem nepalesischen Arzt waren und wann sie das nächste mal dort zu einer Kontrolle gehen sollen. Auch hatten viele Ergebnisse mit sich von frühren Blutuntersuchungen und wussten recht gut über die eigenen Krankheiten Bescheid.

 

Wenn Judith nicht selbst der Patient war (Sie lag 2 Tage mit einer Magen-Darm-Grippe im Bett und wurde von den beiden anderen schändlich im Stich gelassen) hat sie Medikamente verabreicht, Blutdruck gemessen, Salbenverbände gemacht usw.

Besonders den beiden Dorf-ältesten Damen gefiel das Blutdruckmessen so gut, dass sie täglich kamen, manchmal sogar vormittags und nachmittags. Auch unsere Verbände, wofür wir bei chronischen Schmerzen meist Voltaren verwendeten, erfreuten sich grosser Beliebtheit. Nicht zuletzt wurde dafür sogar die Hilfe von Ganesh, dem Gott mit dem Elefantenkopf, beigezogen was bei den Nepalis sehr gut ankam.

 

Amir dagegen behandelte  fast ausschliesslich Augenprobleme, denn im Dorf hatte sich schnell herumgesprochen, dass ein Augenarzt mit Gratis-Brillen hier ist. Die Brillen hat Judith von Optikern von Zuhause gesponsert bekommen und auch Astrid hatte schon einige Monate zuvor Berge von Brillen aus Deutschland nach Dadikot gebracht. Somit hatten bereits die kleinsten Kinder Augenprobleme, weil sie auch eine schicke Brille wie ihre Grosseltern und älteren Geschwister haben wollten.

Dabei ergaben sich die lustigsten Begebenheiten wie z.B das dreijährige Kind das Probleme beim Lesen angab Oder der Mann Mitte vierzig der Haus und Hof schwor dass das Sehen besser wurde egal ob er eine Brille mit +5 Dioptrien oder -5 Dioptrien trug.

Gleichzeitig durften wir uns nicht auf eine falsche Fährte führen lassen, wie bei einer Frau die eine Sonnenbrille wollte eine Gaumenspalte hatte wie sie bei uns in Mitteleuropa niemals zu sehen wäre. Die Frau selbst hat das kaum gestört, sie hatte es ja schon so lange und wusste nicht dass man das überhaupt behandeln kann.

 

Die Arbeitsbedingungen sind mit unseren nicht vergleichbar. Kein fliessendes Wasser, Strom gab es die meiste Zeit leider nicht.  Wir mussten oft um 16 Uhr die Arbeit beenden da es zu dunkel wurde und wir kein Licht mehr hatten. Und das, obwohl noch viele Menschen warteten.

Bei der Arbeit war Kreativität und Improvisation gefragt. Als wir es nach einem Taxistreik doch noch nach Dadikot schafften waren die Türen des Health Post verschlossen und wir begannen die Medikamente auf dem Parkplatz zu verteilen.

 

Wir besuchten auch die Kinder aus Humla in ihrem Heim in Kathmandu, die vor ihrer Rückkehr nach Humla von uns untersucht wurden. Die Kinder haben wir im Garten untersucht und allen ging es gesundheitlich hervorragend bis auf ein Mädchen.

Sie musste wegen Blutarmut ins Stupa Community Hospital in Kathmandu eingeliefert werden und wir haben sie dort gemeinsam mit Astrid besucht. Das Krankenhaus ist mit unserem hohen Standard nicht zu vergleichen aber wir hatten es uns ehrlich gesagt schlimmer vorgestellt.  Die Ärzte hatten bereits alle Untersuchungen durchgeführt und eine Behandlung eingeleitet wie wir es auch in Österreich machen würden. Zum Glück erholte sich das Mädchen rasch und konnte bald wieder nach Hause zu ihren Freundinnen und Freunden aus Hulma.

 

In diesen 2 Wochen haben wir bis zu 200 Patienten  untersucht.

Wir sahen Krankheiten die man in dieser Form bei uns nicht mehr sieht. Darunter waren auch einige Seltenheiten wie z.B. ein riesiges Feuermal oder auch die Gaumenspalte die wir ja vorhin schon erwähnten.

Besonders beeindruckend war dabei für uns wie offen und ohne Schamgefühl die Menschen dort mit Ihren Krankheiten und Leiden umgingen. Eine Natürlichkeit die sich im ganzen Leben der Nepalesen widerspiegelt.

 

2 Wochen waren leider viel zu kurz. Neben dem Arbeiten haben wir auch Kathmandu besichtigt. Besonders eindrucksvoll war die Tempelanlage von Pashupatinath (der wichtigste Hindu-Tempel in Nepal) und die buddhistische Stupa in Boudhanath wo sich auch unser Hotel befand. Trotz unseres „straffen Programms“ fanden wir jedoch noch ausgiebig Zeit zum „Souvenir-Shoppen“ in Thamel, dem Vergnügungsviertel von Kathmandu.

Wir sind auch für 2 Tage nach Pokhara geflogen. Das war richtig Urlaub, die Straßen waren sauber, man konnte richtig durchatmen (in Kathmandu liegt oft viel Müll auf den Strassen und wird auch dort verbrannt, was neben den Autoabgasen die Luft leider sehr verpestet).

Wir genossen auch das Essen sehr, vor allem die Mischung aus dem traditionellen nepalesischen „Dal Bhaat“ und den stark spürbaren Einflüssen der indischen und chinesischen Küche. Die Abende haben wir meistens mit einem hervorragenden nepalesischen „Everest Bier“ ausklingen lassen.

Ein besonderes Highlight war unser Mountain-Flight am Ostersonntag. Dabei haben wir neben mehreren 8-Tausendern um 7 Uhr morgens den Mount Everest bei strahlendem Wetter gesehen. Juhujuhuju!!!

 

Es war eine wunderschöne Reise mit unglaublichen neuen Eindrücken.

Von Astrid und Uttam konnten wir sehr viel über das Land, die Menschen und deren Kultur lernen.

Das Nepal-Schulprojekt ermöglicht den Kindern in Dadikot und Humla eine bessere Zukunftsperspektive. Gleichzeitig wird durch den Health Post und die nepalesische Krankenschwester Anita die dort wöchentlich Patienten betreut eine medizinische Versorgung in Dadikot gewährleistet, worüber die Menschen dort sichtlich froh und dankbar sind.

 

Am letzten Tag durften wir nach einer durchfeierten Silvesternacht (in Nepal hat das Jahr 2069 begonnen!) bei der Eröffnung des Wasserprojekts teilnehmen, an dem Astrid und Uttam als Ehrengäste zeremoniell gedankt wurde. Für uns war die Teilnahme an der Eröffnung des Wasserprojekts ein einzigartiges Erlebnis. Was Astrid in Nepal aufgebaut hat ist für uns gleichzeitig unvorstellbar als auch bewundernswert.

 

Wir möchten Astrid und auch den vielen Leuten in Deutschland die das Nepal-Schulprojekt finanziell unterstützen an dieser Stelle für Ihr aussergewöhnliches Engagement in Nepal danken und wünschen uns im Sinne der Menschen in Nepal dass noch viele Projekte realisiert werden können und bedanken uns gleichzeitig für die Gelegenheit einen Teil geleistet haben zu können.

 

Wir alle drei hoffen bald wieder die Gelegenheit zu haben nach Nepal reisen zu können und dort erneut den Health Post und die Leute in Dadikot medizinisch betreuen zu können.

 

Mit ganz schönen Grüßen von den Alpen in die Himalayas,

Judith, Sascha und Amir