Seit 22. Oktober sind die Ebersbacher Nepalreisenden wieder zurück von einer grossen und schwierigen Trekkingtour. Hans Georg Gwinner, Heike Kufky, Steffi Obermeyer, Gerti May, Dietmar Zierer, Ursula und Harald Clauss und Manuela Lang haben sich zusammen mit Astrid Vöhringer auf den wirklich schwierigen Weg nach Humla begeben, um sich einmal anzuschauen, was durch die Hilfe des Nepal-Schulprojekts –Zukunft für Kinder- in 3000 m Höhe im Himalaya nahe der tibetischen Grenze entstanden ist.
Nach langem Flug bis Kathmandu akklimatisierten sich die Ebersbacher erst einmal in der Stadt und gewöhnten sich so langsam an die fremde Kultur und sammelten erste Eindrücke. Die Projekte, die Schule mit angeschlossenem Kindergarten sowie die im Bau befindliche Trainingshalle für die Nähschule in Dadikot, das Aarubari-Kinderheim und der Kindergarten Tinchuli wurden besucht.
Nach drei Tagen flog die Gruppe nach Nepalgunj an die Grenze Indiens, um dann nach abenteuerlicher Übernachtung in einem so genannten ‚Luxushotel’ den kleinen Flieger nach Simikot – Distrikthauptstadt von Humla – zu besteigen. Dort oben in 3000 m Höhe gab es dann kein Auto und keinen Bus mehr, und der Treck ging los Richtung Upper Humla immer am Kanali-Fluss entlang, der direkt am Kailash entspringt und ganz Humla durchschneidet.
Die Ebersbacher wurden begleitet von vielen Portern (Lastenträgern) und Lastenpferden, da alles mitgenommen werden musste: Hilfsgüter, eigenes Gepäck und natürlich auch die ganze Verpflegung, weil es keinerlei Lebensmittel auf dem Weg zu kaufen gibt. Da in der Gegend keine Hotels oder Gasthäuser vorhanden sind, wurde in Zelten übernachtet und so manch steinharte Nacht klaglos hingenommen. Der erste Aufstieg dauerte ungefähr eine Stunde, und dann ging es 4 Stunden steil bergab, bis der Weg etwas besser wurde, aber erst bei Dunkelheit wurde der erste Zeltplatz erreicht. Am nächsten Morgen Aufbruch nach Kermi – bei strahlendem Sonnenschein und immer begleitet von den schneebedeckten Riesen des Himalaya ging die Wanderung bis zum späten Nachmittag. Auch dies eine schwierige Wegstrecke am Kanalifluss entlang, vorbei an rauschenden Wasserfällen, wundervollen Hochterrassen und kleinen Dörfern, die wie Schwalbennester an den Bergen klebten. Wir sahen eine grandiose Landschaft, geprägt von den dort lebenden Menschen mit ihren vielen Kindern in ihrer grossen Armut und Verwahrlosung.
Betroffen von der Armut aber auch beeindruckt von der grossartigen Natur dort oben, setzten wir unseren Weg am nächsten Morgen fort und erreichten nach erneut langem und beschwerlichem Weg gegen Spätnachmittag das Ziel des Trecks, das Hostel des Nepal-Schulprojekts – Zukunft für Kinder- in Yalbang. Das Wohnheim, das massgeblich durch die grosse Unterstützung der Ebersbacher BürgerInnen und der Schüler (Schülerlauf 2007) gebaut werden konnte, ist inzwischen um einen Anbau erweitert worden. In diesem Anbau werden die Kinder ihr Essen in den dazu vorgesehenen 2 grossen Räumen im Obergeschoss einnehmen, die den Kindern auch als Lern- und Aufenthaltsräume dienen. Fast 100 Kinder haben hier Platz gefunden und werden gut versorgt und betreut von den langjährigen Freunden Astrid Vöhringers, Kumar Lama und seiner Frau Yabjang, sowie einigen Lehrkräften.
Alle Kinder gehen in die angeschlossene Schule. Wir wurden stürmisch begrüsst von den Kindern in ihren bunten Trainingsanzügen, und es hat uns tief berührt, dass Kinder, so weit entfernt von aller Zivilisation, ein fröhliches und zukunftsorientiertes Dasein führen können dank der Hilfe aus Deutschland und besonders aus Ebersbach. Am nächsten Tag wurde der Besuch gefeiert, und die Kinder zeigten ein schönes Tanzprogramm.
Aus den 18 weit verstreuten Heimatdörfern kamen die Eltern und Angehörigen der Kinder, um das alles mit uns zu feiern. Am nächsten Tag hatten wir die grosse Ehre, ins Kloster gebeten zu werden, das oberhalb des Hostels liegt. Der Rinpoche (hoher buddhistischer Geistlicher) des Klosters liess es sich nicht nehmen, uns alle persönlich zu begrüssen. Nach langen Gesprächen mit ihm, die von Kumar und seinem Sohn Yeshi übersetzt wurden, und vielen Gläsern Buttertee bekamen wir alle von ihm den ‚tibetischen Glücksschal’ umgehängt. Er dankte uns für unsere Aktivitäten in Humla und dass wir dieses Pilotprojekt gestartet haben für die Kinder Humlas. Unsere gemeinsame Arbeit hier in Humla und auch das Humla-Haus in Aarubari, das von Kumar und seiner Frau und Astrid Vöhringer vom Nepal-Schulprojekt – Zukunft für Kinder-eingerichtet wurde und in dem seit 2002 bis jetzt 22 Humla-Kinder ein Zuhause gefunden haben, bewertete er sehr positiv und sagte uns weiter seine Unterstützung zu.
Man muss dazu wissen, dass die Religion aus dem täglichen Leben der Menschen in ganz Nepal nicht wegzudenken ist. Selbst in der Metropole Nepals, in Kathmandu, steht an jeder Strassenecke ein kleiner Altar, an dem die Menschen innehalten und beten. Die zahllosen buddhistischen Mönche in ihren purpurroten Dharma-Roben prägen das Strassenbild Kathmandus, und jeden Morgen und Abend umrunden Aberhunderte von Gläubigen im Stadtviertel Boudha die grosse Stupa, drehen die Gebetsmühlen und beten. In Humla spielt Religion eine noch weit grössere Rolle. Kein Humli verlässt ohne Amulett des Dalai Lama oder des örtlichen Rinpoche das Haus. Fast alle Familien haben mindestens einen Sohn in ein Kloster zur Mönch-Ausbildung geschickt.
An jedem Haus sind zahlreiche Gebetsfahnen befestigt, und in jedem Haus befindet sich ein kleiner Schrein zum Beten. Hinzu kommt, dass durch Humla seit vielen Jahrhunderten eine wichtige Pilgerroute zum heiligen Berg der Hindus und Buddhisten, dem Berg Kailash in Tibet, führt. Für die Hindus ist der Kailash die Wohnstätte des grossen Gottes Shiva Mahadeva, die Weltachse, der Angelpunkt des Universums. Für alle Buddhisten ist er das Zentrum des Kosmos. Seine vier Hänge zeigen in die vier Himmelsrichtungen, und an seinem Fusse liegen die Quellen von vier heiligen Flüssen: Im Osten der Brahmaputra, im Norden der Indus, im Westen fliesst der Sutlej aus dem heiligen See Manasarovar hervor, und im Süden liegt die Quelle des Karnali, der quer durch Humla fliesst, bevor er in den Ganges mündet. Wir haben auf unserer Wanderung durch Humla viele dieser Pilgergruppen getroffen und waren sehr beeindruckt davon, wie zufrieden und glücklich, ja geradezu religiös erleuchtet die Menschen nach aussen gewirkt haben. Daher war dieses Gespräch mit dem Rinpoche und seine positive Einstellung für uns ein ganz besonderes Geschenk. Das führt dazu, dass unser Projekt bei den Bewohnern zusätzlich einen ganz anderen Stellenwert besitzt.
Wir sind überzeugt, dass wir mit diesen Rahmenbedingungen die Lebenssituation in Humla auf lange Frist verbessern können. Es wird ein unvergessliches Erlebnis bleiben, und wir sind alle froh, dass wir uns auf den beschwerlichen Weg gemacht haben, um Kindern in einer der ärmsten Gegenden dieser Erde zu zeigen, dass sie nicht allein sind.